Im Jahr 1782 genehmigte der Ortsherr, Reichsgraf Anton Schenk von Stauffenberg (1735-1803), die Errichtung einer Synagoge im Ort Baisingen. Der Bau der Synagoge erfolgte dann bis 1784, wie eine dendrochronologische Untersuchung belegte.

Nachdem Juden im 15. und 16.Jahrhundert aus dem Herzogtum Württemberg, aus Vorderösterreich und aus den Reichsstädten vertrieben wurden, konnten sie sich nur noch in einigen Gebieten niederlassen, die im Besitz von freien Reichsrittern waren. In Baisingen erlaubten die Schenken von Stauffenberg einigen jüdischen Familien die Ansiedlung, allerdings nur - wie überall üblich - gegen Bezahlung von Schutzgeldern.

wappen stauff Das Wappen der Schenken von Stauffenberg

Die Territorialherren regelten das Leben "ihrer" Juden. Dies war allerdings mit großen Einschränkungen verbunden. So legten sie die jüdischen Sonderabgaben fest, schränkten die Freizügigkeit ein, verboten weitgehend den Grundbesitz sowie den Zugang zu den Zunftberufen und Kaufmannsgilden. Auch das religiöse Leben bestimmten sie, indem sie den Bau von Synagogen einschränkten oder verboten.

Das Zeitalter der Aufklärung führte auch in standesherrschaftlichen Dörfern und Residenzen zu mehr Toleranz in Fragen des Glaubens. So wurden gegen Ende des 18. Jahrhunderts in vielen Dörfern mit jüdischem Bevölkerungsanteil Synagogen errichtet. Das gilt auch für die Region: in Hechingen wurden 1761 und 1767 Synagogen erbaut und in Haigerloch 1783.

Die Baisinger Synagoge wurde nicht wie die christliche Kirche St. Anastasia, die 1762 geweiht wurde, direkt an der Hauptstraße gebaut, sondern versteckt, gleichsam in zweiter Reihe, dicht umgeben von anderen Häusern. Die versteckte Lage ist Absicht, sollte doch das Gebetshaus der Juden keinesfalls in Konkurrenz zu kirchlichen oder herrschaftlichen Gebäuden treten.

Wie viele andere Dorfsynagogen ist auch das Gebäude in Baisingen von Zweckmäßigkeit geprägt: ein rechteckiger Grundriss, zwei Geschosse und ein Walmdach. Alle Räume sind unter einem Dach vereint. Der Gebetsraum ist nach Osten ausgerichtet und ursprünglich waren die Fenster in der Ostwand spiegelbildlich zu denen in der Westwand. An der Ostwand befand sich der Thoraschrein, in dem sich das Wertvollste einer jüdischen Gemeinde befand: eine von Hand geschriebene Thorarolle oder auch mehrere, wenn die Gemeinde gut situiert war. Vom Thoraschrein existieren keine Beschreibungen oder Bilder, er wurde 1938 völlig zerstört.

Die blau bemalte und mit goldenen Sternen übersäte Kuppel wurde in einer Holz-/Lattenkonstruktion ausgeführt. Weil der Gebetsraum fast eine quadratische Grundfläche hat, formt ihn die Kuppel nahezu zu einem Zentralraum.

Durch eine Blüte des jüdischen Lebens im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts war 1837/38 ein Umbau im Innern der Synagoge erforderlich. Die Zahl der Juden war von 115 im Jahr 1807 auf 198 im Jahr 1831 gestiegen. Um mehr Plätze in der ziemlich kleinen Synagoge zu schaffen, wurden feste Bankreihen eingebaut. Für die Frauen wurde eine Empore an der West- und Nordwand eingezogen, zu der ein vom Männereingang separater Eingang hinauf führte. Ein hohes hölzernes Sichtgitter auf der Emporenbrüstung schirmte die Sichtbeziehung zu den Männern fast völlig ab. Das Vorbeterpult (die Bima oder auch der Almemor genannt) wurde mehr nach Osten vor den Thoraschrein gerückt, damit Rabbiner und Vorbeter die Gemeinde besser überschauen konnten.

Dieser bauliche Zustand wurde in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr verändert: auch in Baisingen nahm nach 1864 die Zahl der jüdischen Mitbürger kontinuierlich ab, so dass die Synagoge ausreichend Platz bot.

Am 10. November 1938 fuhren 70 bis 80 SA-Leute aus Horb und Umgebung nach Baisingen. Sie wurden von einem SA-Führer in einer Rede aufgehetzt und brachen dann in die Synagoge ein. Sie schlugen alles kurz und klein, rissen die Bänke heraus und den Kronleuchter von der Decke. Der Thoraschrein wurde vollständig demoliert. Thorarollen, Gebetbücher und alles Tragbare wurde vor der Synagoge verbrannt. Die Synagoge selbst wurde nicht abgebrannt, weil die umstehenden Häuser zu nahe standen.

Seit dieser Verwüstung ist der Betsaal keine Synagoge mehr. Rechtsnachfolger der jüdischen Gemeinde Baisingen war der Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs. Diese verkaufte die ehemalige Synagoge am 3.9.1940 an einen Landwirt aus der Nachbarschaft, er nutzte sie als Scheune. Dazu wurden die Fensteröffnungen der Ostseite vemauert und eine große Öffnung für ein Scheunentor eingebrochen, andere Fenster wurden vernagelt.

Als Scheune überdauerte der schlichte Bau unbeachtet die ersten Jahrzehnte der Nachkriegszeit. Erst Ende der 1970er Jahre wurde man auf die ehemalige Synagoge aufmerksam und 1984 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt.

1988 erwarb die Stadt Rottenburg das Gebäude und eröffnete damit den Weg für die Erhaltung der Synagoge.

Am 27. Januar 1989 erfolgte die Gründung des Fördervereins Synagoge Baisingen, der die Restaurierungsmaßnahmen begleitete und zur Finanzierung beitrug.

1990/91 wurde das Dach umfassend saniert und damit die Bausubstanz vor weiterem Verfall gesichert. In den folgenden Jahren wurde in enger Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt behutsam restauriert. Die Spuren der Zerstörung sollten allerdings erhalten bleiben.

Am 8. November 1998 wurde die ehemalige Synagoge als Gedenkstätte feierlich eröffnet. Ehemalige Baisinger Juden aus Israel, England und der Schweiz nahmen auf Einladung der Stadt daran teil.